Wachstum durch Tourismus.

Der Tourismus gehört – trotz Inflation und Lohn-Preisspirale – zu den wenigen Wachstumsbranchen in  Österreich. Er hat sich nach Corona rasant erholt und ist ein Lichtblick der heimischen Wirtschaft. Desto fassungsloser war die Branche – und zwar nicht nur die betroffenen Hoteliers in Wien – von der absurden Aktion, in einer Nacht- und Nebelaktion die Ortstaxe während eines laufenden Kalenderjahres mit 1. Dezember (also zu Beginn der Weihnachtssaison) um 166 Prozent erhöhen zu wollen. Der Sturm der Entrüstung ließ die offenbar noch nicht sehr erfahrene Stadträtin Barbara Novak zurückrudern. Die Ortstaxe wird zwar erhöht, aber stufenweise und erst ab 1. Juli 2026. Die höheren Kosten, die von den Gästen zu tragen sind, machen Wien aber weder als Leisure- noch als Kongressstadt attraktiver.

Zumal es deutlich teurer wird, die Bundeshauptstadt anzufliegen. Die Billigfluglinie Wizz Air zieht sich nach Bratislava zurück, Rynaair reduziert das Flugangebot, Austrian Airlines springt ein – aber zu deutlich höheren Preisen. Die Erreichbarkeit eines Standortes ist ein so essenzieller Faktor für die Attraktivität, dass man diese Warnsignale seitens der Politik erkennen sollte, bevor es zu spät ist. Eine Maßnahme wäre die Streichung der Flugabgabe, die erst 2008 eingeführt, dann zweimal reduziert und sogar halbiert wurde, bis Fluggegnerin Eleonore Gewessler ausgerechnet im Corona-Jahr 2020 die Ticketabgabe auf 12 Euro pro Abflug ab Wien erhöhte und noch dazu einen Flugaufschlag für die Kurzstrecke unter 350 km drauflegte: für solche Abflüge legt der Passagier gleich mal 30 Euro auf den Tisch. Damit hat die Umweltministerin, die für den Verkehr zuständig war, den Niedergang der Regionalflughäfen beschleunigt und das ist für die lokale Wirtschaft ein riesiges Problem.

Den Ernst der Lage macht Julian Jäger, CEO der Flughafen Wien AG und Präsident der Aviation Industry Austria (AIA) beim Luftverkehrssymposium deutlich: Zwar stünde der Flughafen mit 32 Millionen Passagieren vor einem Rekordjahr seiner 70jährigen Geschichte, aber der Ausblick ist düsterer:

  • Ryanair reduziert die Anzahl ihrer Flugzeuge in Wien,
  • Wizz Air schließt ihre Basis in Wien und verlagert Kapazitäten nach Bratislava und Budapest.
  • Der Flughafen Linz verliert seine wichtige Anbindung nach Frankfurt.
  • Der Lufthansa-Konzern setzt verstärkt auf Zentralisierung.

Dazu kommen einige zentrale Herausforderungen

  • Erstens: Geopolitische Krisen, wie die Konfliktherde in der Ukraine und im Nahen Osten
  • Zweitens: Die ökologische Transformation – nachhaltige Treibstoffe wie SAF sind wichtig – aber ihre Einführung ist komplex und regulatorisch anspruchsvoll.
  • Drittens: Strenge EU-Regeln, die den Luftfahrtstandort Europa bremsen, während große Märkte wie China und Indien massiv zulegen
  • Viertens: Die aktuell hohe Inflation belastet unser gesamtes heimisches Wirtschaftssystem
  • Fünftens: Der Aufholeffekt nach der Pandemie lässt nach – die Wachstumskurven flachen ab

 

Jäger und AIA-Geschäftsführe Peter Malanik fordern daher:

  1. Eine Abschaffung oder zumindest Reduktion der Flugabgabe. Sie belastet die Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Airlines und Flughäfen im internationalen Vergleich (z. B. Ungarn, Slowakei, Tschechien)
  2. Eine gezielte Förderung von Forschung und Entwicklung, vor allem bei nachhaltigen Treibstoffen und innovativen Technologien.
  3. Eine Entlastung von überbordender Regulierung, etwa durch klare und realistische Vorgaben bei SAF-Quoten oder schnellere Genehmigungsverfahren für Investitionen.

 

Alle drei Faktoren wären wichtig, um den Standort Österreich, der in der Luftfahrtbranche viel zu bieten hat, zu stärken:

Unternehmen wie FACC, Frequentis oder Schiebel gehören zu den innovativsten der Welt. Sie beliefern am Weltmarkt internationale Hersteller wie Airbus und Boeing mit Hightech-Lösungen. Seit dem Jahr 2000 hat sich der Anteil österreichischer Luftfahrt-Patente fast vervierfacht – ein klarer Beweis für unsere Innovationskraft.

Die Servicequalität der österreichischen Verkehrsflughäfen ist hoch.

Die gute Kooperation aller Partner entlang der Wertschöpfungskette: Flughafen Wien, Austro Control und Austrian Airlines.

Große Hoffnungen setzen Jäger und Malanik in den wirtschaftsfreundlichen Verkehrsminister Peter Hanke, der ja auch den Lobbau-Tunnel bauen lässt, wäre da nicht die angespannte Budgetlage. Peter Malanik meint daher, es wäre schon ein sehr gutes Signal, wenn man die Flugabgabe für die Langstrecke streicht. Das kostet den Staat nicht so viel, bringt aber auch neuen Kurzstreckenverkehr.

Ein Blick in das Nachbarland Deutschland zeigt, wie wichtig es ist, diese Dinge im Auge zu behalten.

In Deutschland haben sich die staatlichen Standortkosten seit dem Jahr 2020 nahezu verdoppelt. Dies ist ein entscheidender Grund dafür, warum die Erholung des Luftverkehrs in Deutschland nach dem Einbruch in den Corona-Jahren im europäischen Vergleich noch immer schleppend verläuft.

Die staatlichen Standortkosten bestehen im Wesentlichen aus drei Faktoren:

  • Nationale Luftverkehrsteuer
  • Luftsicherheitsgebühren (Sicherheitskontrolle am Flughafen)
  • Flugsicherungsgebühren

 

Für europäische Fluggesellschaften ist die Höhe dieser Abgaben bei der wirtschaftlichen Ergebnisrechnung ein wichtiger Faktor. Bei der Entscheidung, wo sie ihre Flugzeuge zum Einsatz bringen, spielen die staatlichen Standortkosten eine nicht zu unterschätzende Rolle. Die Standortkosten haben somit direkte Folgen für die Anbindung einer Volkswirtschaft an den internationalen Luftverkehr.

An europäischen Flughäfen außerhalb von Deutschland sind diese Abgaben entweder zum Teil nicht existent oder deutlich niedriger. So erhebt nur jedes zweite EU-Mitglied überhaupt eine Luftverkehrsabgabe – und in keinem anderen Land ist diese so hoch wie in Deutschland. Slowakei und Ungarn haben keine, Schweden hat sie im Juli 2025 abgeschafft.

Nach der erneuten Erhöhung der Luftverkehrsteuer zum 1. Mai 2024 summieren sich die staatlichen Standortkosten für einen Flug von einem deutschen Flughafen ins europäische Ausland mit einem typischen Mittelstreckenflugzeug (Airbus A320neo mit 180 Sitzplätzen, Auslastung 85 Prozent) auf bis zu 5.138 Euro. Zum Vergleich: In Madrid liegen die staatlichen Standortkosten bei rund 660 Euro, in Rom bei rund 2200 Euro.

Der Unterschied zwischen diesen Kosten in Deutschland und im Rest Europas ist inzwischen so gravierend, dass wichtige große europäische Fluggesellschaften wie Easyjet, Eurowings, Ryanair oder Wizz Air ihre Flugzeuge viel stärker an Standorten außerhalb Deutschlands einsetzen. Hier verdienen sie wegen der niedrigeren staatlichen Standortkosten bei vergleichbaren Ticketpreisen mehr an einem Flug als in Deutschland.

Die stark gestiegenen staatlichen Steuern und Gebühren haben daher unmittelbare Folgen für die Erholung des Luftverkehrs in Deutschland nach der Corona-Pandemie. Bei der sogenannten Recovery liegt die Bundesrepublik weit hinter der Entwicklung im restlichen Europa zurück. Während sich viele andere Märkte in Europa im Sommer 2024 wieder auf Vorkrisenniveau befinden – oder dieses sogar überschreiten –, bleibt der Luftverkehrsstandort Deutschland zurück. Die Länder, die 2024 das Vorkrisenniveau erreichen oder übertreffen, zeichnen sich größtenteils durch ein niedrigeres Niveau der staatlichen Abgaben aus.

Vor allem die für den Wirtschaftsstandort Deutschland wichtigen europäischen Punkt-zu-Punkt-Verkehre, die viele Wirtschaftszentren direkt miteinander verbinden, bleiben in ihrer Entwicklung weit hinter den übrigen europäischen Ländern zurück.

Spürbar wird die schlechtere Anbindung Deutschlands an den europäischen Luftverkehr vor allem in drei wichtigen deutschen Wirtschaftsregionen: In der großen Maschinenbauregion um Stuttgart, am Wirtschaftsstandort Nordrhein-Westfalen und in der Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg. Eine ganz Reihe an Zielen wird von diesen Standorten gar nicht mehr angeflogen. Und zu wichtigen Wirtschaftsmetropolen wie Madrid, London oder Mailand ist die Anzahl der täglichen Flüge massiv eingebrochen. Das bedeutet eine deutliche Verschlechterung der Anbindungsqualität dieser Wirtschaftsregionen in Deutschland.

Da Österreich in noch viel größerem Ausmaß vom Tourismus lebt, sollte alles unternommen werden, um die Luftverkehrsstandort Österreich zu stärken, den Flughafen Linz vor der Schließung zu retten und tunlichst jede Abgabenerhöhung in diese Richtung zu vermeiden.

 

Mag. Dagmar Lang, MBA
Austrian Senior Expert

Ehemalige Herausgeberin von Hotel & Touristik und Vicepresident Communications der Flughafen Wien AG.

 

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