Eine Analyse der ASEP-Expertin Dr. Christa Fischer-Korp.
Veränderungsprozesse ohne Vertrauen, Transparenz (klare Ziele, Sinnhaftigkeit und Nutzen sind erkennbar), Fairness, Perspektivenwechsel (jede beteiligte Partei versteht die andere, sowohl verbal als auch emotional) funktionieren erwiesenermaßen nicht. Auch eine gewisse Konflikt-Resilienz der Betroffenen ist ein wesentlicher Parameter für den Erfolg. Mit diesen Zutaten wird schon klar, dass dies ohne durchdachte und konsequent umgesetzte Informations- und Kommunikationsstruktur nicht erreichbar ist.
Eines der wesentlichsten Ziele von Digitalisierungsmaßnahmen ist die Geschwindigkeit von Prozessen zu beschleunigen. Das ist erreichbar, wenn man bei der Konzeption, der Zielsetzung und bei der Umsetzung die meist gravierenden direkten und indirekten Auswirkung mitbedenkt. Menschen, die einen Digitalisierungsprozess betreiben und davon betroffen sind, reagieren auf Veränderungen sensibel, wenn nicht oft ablehnend.
Wird ein Digitalisierungsprozess durchgeführt, bei dem vorher nicht alle Beteiligten und Betroffenen eingebunden werden, wird das zu Missverständnissen, meist sogar zu Widerständen führen. Sie einzubinden bedeutet, sie um ihre Meinung zu fragen und eventuell auch ihr Wissen um die Prozesse zu berücksichtigen.
Ein Beispiel aus der aktuellen Praxis unseres Senior Experts Thorsten Stauffer:
Bei einem großen Digitalisierungsprojekt in der öffentlichen Verwaltung in einem deutschen Bundesland ist es das Ziel, bisher nur auf Papier vorliegende Antragsformulare dem Antragsteller digital zur Verfügung zu stellen. Um den Digitalisierungsprozess erfolgreich konzipieren und unter der Berücksichtigung der Bedürfnisse der Nutzer umsetzen zu können wurde folgende Vorgehensweise gewählt:
Der erste Schritt war, den Digitalisierungsprozess den Mitarbeitern der Verwaltung zu erklären. Warum wird digitalisiert, was ist das Ziel dieses Digitalisierungsprojektes, welche Vorteile bringt die Digitalisierung nicht nur dem Unternehmen, sondern auch dem einzelnen Mitarbeiter. Wichtig war es, die Digitalisierungsinitiative ehrlich zu kommunizieren. In einem solchen Projekt ist es unumgänglich, sich den Sorgen und Nöten der Mitarbeiter zu stellen, auf ihre Bedürfnisse einzugehen und sie damit auf die Reise mitzunehmen.
Der Ansatz war das Antragssystem so zu erstellen, dass die „Logiken“ den Antragstellenden durch den Antrag hindurchführen und Hilfestellung beim Ausfüllen gegeben wird. In dieser Customer Journey wird auf die Lebenssituation des Antragstellers eingegangen.
Außerdem werden die Antragsdaten digital dem jeweilig zuständigen Amt zur Verfügung gestellt und zusätzlich in das entsprechende Fachverfahren eingespielt.
Für den Bürger ist diese Initiative der Deutschen Bundesregierung eine nützliche Sache. Die Ämter jedoch sehen dieses Digitalisierungsprojekt deutlich kritischer. Für die Mitarbeiter der Verwaltung bedeutet der Prozess eine massive Umstellung ihrer bisherigen Arbeitsweise und vor allem der Arbeitsabläufe.
In den Gesprächen mit den Sachbearbeitern wird häufig klar, wie belastend diese Umstellung für sie ist, vor allem auch deshalb, weil sie noch keine reale Vorstellung davon haben, wie sie zukünftig mit dieser Digitalisierung umgehen sollen.
Deshalb wurden in der Kommunikation mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern nicht nur die rein technische Leistung des digitalen Antragssystems dargestellt. Wichtig war auch aufzuzeigen, dass die Abläufe und Inhalte im neuen „digitalen“ Gewand den gewohnten Abläufen sehr ähnlich sind. Das gab Sicherheit. Oft sehen die Mitarbeiter auch, dass die „Logiken“ hinter den neuen Prozessen besser verständlich und nachvollziehbarer sind. War das geklärt, konnten die neuen Abläufe in die Routinen implementiert werden.
Eine Digitalisierung bedeutet für die Mitarbeitenden immer eine Umstellung, wird diese nicht berücksichtigt und die Menschen nicht genügend über Sinn und Zweck informiert, geht schnell das Gespenst der Entlassung, der Wegrationalisierung von Mitarbeitern um. Auch um hier vorzubeugen braucht es ausreichende und gute Kommunikation.
Deshalb gilt: Bei der Digitalisierung eines Arbeitsumfeldes kann gar nicht genug kommuniziert werden, wobei diese Kommunikation professionell und strategisch konzipiert werden muss. Wir alle wissen, was unehrliche Kommunikation anstellen kann.
Experten von außen können mit ihrem Know-how und vor allem mit ihrer Erfahrung aus ähnlichen Projekten einen nicht unwesentlichen Beitrag zum Gelingen beisteuern.
Eine weitere wesentliche Voraussetzung ist die Klarheit im Management darüber was es will und warum es das will. Das Warum muss dann auch den Mitarbeitern gegenüber ausreichend und verständlich kommuniziert und argumentiert werden, das ist der Garant für Akzeptanz.
Wenn die Frage nach dem Warum beantwortet ist, müssen kurz-, mittel- und langfristige Ziele des Digitalisierungsprozesses definiert werden. Diese sollten mit entsprechenden Kennzahlen (KPIs) unterlegt werden, um den Erfolg auch messbar zu machen. Die Digitalisierung wird dadurch von einem unverstandenen Prozess zu einem verständlichen und durchdachten messbaren Vorhaben. Im Idealfall kann damit die Akzeptanz so weit gesteigert werden, dass die Mitarbeiter von sich aus neue Digitalisierungsinitiativen vorschlagen.
In unserer Praxis haben wir schon oft erlebt, dass Unternehmen mit dem zu digitalisierenden Prozess als ersten Schritt anfangen. Erst dann wird überlegt, warum und mit welcher Zielsetzung die Digitalisierung betrieben wird. Das ist natürlich auch eine Möglichkeit, jedoch steigt dabei das Risiko, keine Gesamtstrategie zu verfolgen und mit Digitalisierungsinitiativen innerhalb des Unternehmens einen „Fleckerlteppich“ zu erzeugen. Die Messbarkeit eines potenziellen Erfolges auf Gesamtunternehmensebene wird dadurch zumindest erschwert. Daher die Empfehlung immer mit dem „warum“ zu beginnen, dann die Ziele zu definieren und erst in einem dritten Schritt die jeweiligen Prozesse zu selektieren mit denen die Ziele erreicht werden können.
Ab dem Zeitpunkt, an dem die Zielsetzung definiert wurde, werden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in das Vorhaben eingebunden. Je früher hier kommuniziert wird, desto einfacher wird die Digitalisierung. Kommunikation und Mitarbeiterzufriedenheit sollen sich ebenfalls unter den Zielen befinden und mit Parametern für ihre Bewertung versehen werden. Damit wird die Kommunikation zur Digitalisierung auf das gleiche Niveau wie die Digitalisierung selbst gehoben.
ASEP Digitalisierungs- und Kommunikations-Experten unterstützen und begleiten mit ihrem Know-how und ihrer Erfahrung auch komplexe Digitalisierungsvorhaben.
Dr. Christa Fischer-Korp
Thorsten Stauffer
Austrian Senior Experts